Alte Schule Werben
Ein Biedermeiercafé an einem historischen Ort
Werben an der Elbe ist wohl die kleinste Hansestadt der Welt. Mit ihren vier Ortsteilen leben in der Kommune ganz im Norden von Sachsen-Anhalt etwas mehr als 1.000 Einwohner. Auch wenn in den vergangenen beiden Jahrzehnten viele Menschen die Stadt verließen, mittlerweile ist sie zu einem Geheimtipp geworden, der jedoch so geheim gar nicht mehr ist. Das historische Stadtzentrum, die vielen Baudenkmale und die einmalige Lage an der Elbe ziehen zahlreiche Touristen und neue Bürger an.
Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung ist der engagierte Arbeitskreis Werbener Altstadt. Der Verein richtet seit Jahren Biedermeier-Märkte aus und macht damit die Stadt weit über ihre Grenzen hinaus bekannt. Nun hat er sich einem weiteren Projekt angenommen. Mithilfe des Bundesprogramms Land(auf)Schwung wollen die Mitglieder des Arbeitskreises die Alte Schule in Werben sanieren und wieder beleben. „Die Alte Schule befindet sich in bester Lage in unmittelbarer Nähe der imposanten St. Johanniskirche und gehört zu den prägenden Denkmal-Bauten der Stadt“, sagt Projektleiterin Claudia Richter-Pomp.
Küche und Räume im Erdgeschoss saniert
Bislang hatte sich der gemeinnützige Verein um kleinere Reparatur- und Erhaltungsmaßnahmen sowie um kurzfristige Nutzungen des Gebäudes gekümmert. Jetzt sind größere Dinge geplant. „Mit der Förderung durch Land(auf)Schwung haben wir zunächst Ende 2016 damit begonnen ein Nutzungskonzept zu erarbeiten“, sagt die Projektleiterin. Demnach möchte der Verein die Alte Schule mittel- bis längerfristig
zu einem sogenannten Multifunktionshaus und als lebendigen Treffpunkt für Einwohner und Besucher gestalten. Im Mittelpunkt steht dabei die Idee eines saisonalen Cafébetriebes im Stile der Biedermeierzeit.
Mit dem Konzept in der Hand konnten dann ein Architekt sowie ein Restaurator damit beginnen, genaue Planungen und Kostenrechnungen für die Sanierung des Gebäudes aufzustellen. Ende 2017 starteten die ersten Baumaßnahmen im Haus“, berichtet Claudia Richter-Pomp. Im Mittelpunkt der Arbeiten standen vor allem die zukünftige Küche, der Einbau einer WC-Anlage und mehrere Räume im Erdgeschoss. Maurer und Zimmerleute, Tischler, Elektroinstallateure und Fliesenleger waren am Werk und verbauten insgesamt rund 70.000 Euro.
Diese erste Bauzeit ließen die Vereinsmitglieder nicht ungenutzt. „Wir wollten unbedingt den durch Land(auf)Schwung ausgelösten Start der Sanierung dazu nutzen, um das Projekt danach auch fortzusetzen zu können“, erzählt der Vereinsvorsitzende Jochen Hufschmidt. Entscheidend dafür war, die Frage der weiteren Finanzierung zu klären. Das ist gleich auf zweifache Weise gelungen. Zum einen konnten Mittel des europäischen Förderprogramms LEADER eingeworben werden. Schon 2019 soll mit dem Geld begonnen werden, die Fassade der Alten Schule zu sanieren.
Restaurierung der historischen Türen möglich
Außerdem ist es gelungen, für das Projekt eine zweite Land(auf)Schwung-Finanzierung zu erhalten. „Wir haben den Zuwendungsbescheid erhalten und möchten mit dem Geld so schnell als möglich die beiden historischen Außentüren restaurieren lassen und die Arbeiten im Erdgeschoss fortsetzen“, sagt Jochen Hufschmidt. Das große Ziel ist es, das Biedermeiercafé bereits im Frühjahr 2019 eröffnen zu können. Dafür stehen jedoch noch jede Menge Detailarbeiten auf dem Plan. „Aber es wäre toll, wenn wir damit schon im nächsten Jahr einen neuen Anziehungspunkt in Werben haben, auch wenn sicherlich nicht gleich alles hundertprozentig fertig ist.“
Bei der weiteren Ausgestaltung des Hauses sollen auch die reiche Werbener Stadtgeschichte sowie regionale Produkte und Kooperationspartner eine große Rolle spielen. Damit kann die ehemalige Schule nicht nur zu einem neuen Treffpunkt werden, sondern auch zu einem Markenzeichen von Werben. Dafür denken die Vereinsmitglieder sogar noch weiter in die Zukunft. „Langfristig wollen wir nicht nur das Erdgeschoss nutzen, sondern auch das Obergeschoss.“ Perspektivisch könnte ein Vereinsraum mit Lager und Kostümfundus entstehen, außerdem eine Vereins- und Gästewohnung. Das Angebot soll durch touristische Informationen, eine „Bauherrenbörse“ und gegebenenfalls sogar einen Fahrradverleih sowie eine Verkaufsstelle für regionale Produkte ergänzt werden.
„Wir sind überzeugt davon, dass vor allem historische Gebäude und Ensembles in Kombination mit ideenreichen, aktiven Einwohnern und bestmöglichen Rahmenbedingungen ein entscheidender Attraktivitätsfaktor für Einheimische, Neubürger und Gäste sind“, sagt Claudia Richter-Pomp abschließend. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Drei Fragen an…
…den ehemaligen Vorsitzenden des Arbeitskreises Werbener Altstadt, Werner Eifrig
Wie kamen Sie auf die Idee zum Projekt?
Werner Eifrig: Die Alte Schule steht schon seit vielen Jahren im Mittelpunkt unserer Bemühungen. Wir haben in Eigenregie zahlreiche Reparaturarbeiten am Dach, an der Fassade und in den Innenräumen vorgenommen. Zuletzt wurde der Westgiebel mit Mitteln aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz gesichert. Seit Ende 2015 ist der Arbeitskreis Werbener Altstadt Eigentümer der Alten Schule. Somit stellte sich verstärkt die Frage nach der künftigen Nutzung. In der Zeitung haben wir dann von dem Modellprojekt Land(auf)Schwung gelesen, das ganz genau zu unserem Vorhaben passt.
Was haben Sie bisher Besonderes bei der Umsetzung des Projektes erlebt?
Eifrig: Eine neue und besonders fruchtbare Erfahrung war unsere Ideenwerkstatt mit 30 Teilnehmern im Oktober 2016. Anregend und nützlich sind die Gespräche mit Menschen von anderen Vereinen, Verbänden und Unternehmen, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen wie wir.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Projektes?
Eifrig: Wir wünschen uns eine erfolgreiche Projektumsetzung, bei der wir durch die Projektverantwortlichen und die betreffende Verwaltung bestmöglich unterstützt werden. Nach Land(auf)Schwung sollte es mit der Revitalisierung ohne größere Lücken weitergehen. Dann hätten wir bald eine neue Attraktion für unseren Ort und die Region!