SAP und Oracle bekommen Konkurrenz aus Sachsen-Anhalt

Der Norden von Sachsen-Anhalt gilt nicht unbedingt als Silicon Valley. In der strukturschwachen Region sind eher die Landwirtschaft und private Handwerkerbetriebe zuhause. Das könnte sich in Zukunft, jedenfalls ein klein wenig, ändern. In Havelberg tüfteln Mitarbeiter der Firma Kiebitzberg an einer Softwarelösung zur Planung von Personal, Material und Kapital von Unternehmen. ERP heißen derartige Systeme abgekürzt - Enterprise-Resource-Planning. Und die weltweiten Marktführer auf diesem Gebiet sind Größen wie SAP und Oracle.

Entstehen soll eine moderne Software für kleine und mittelständige Unternehmen. „Wir haben selbst nach einer derartigen Lösung gesucht und haben nichts wirklich passendes gefunden“, sagt Erfinder und Projektleiter Florian Lewerken. Er ist Prokurist der familiengeführten Kiebitzberg-Gruppe aus Havelberg. Die Firma mit etwa 100 Mitarbeitern ist bereits auf zahlreichen Gebieten zuhause. Sie baut zum Beispiel Möbel und Boote – und kümmert sich nun um die Programmierung eine ERP-Anwendung. Hilfe bekommt sie dabei vom Modellvorhaben Land(auf)Schwung, das gezielt digitale Projekte unterstützt.

Lewerken und seine Kollegen stellten fest, dass die meisten EPR-Systeme nicht für kleine Unternehmen geeignet sind. „Zu unflexibel, zu teuer und oft nicht kompatibel mit der heutigen Personaldynamik“, sagt Lewerken. Denn bei den meisten Softwarelösungen sind hohe Einstiegskosten die Norm. Außerdem müssen Firmen bereits beim Kauf entscheiden wie viele Lizenzen sie benötigen. Schwankt die Zahl der Mitarbeiter in kleinen Unternehmen, sitzen die Firmen auf den Kosten für langfristige Lizenzen. Das alles soll sich, geht es nach den Entwicklern aus Havelberg, mit dem neuen Produkt ändern.

KiebData möchte als Software aus der Altmark Unternehmen dabei helfen, ihre Kosten zu senken und zu Wachstum verhelfen. „Dafür wollen wir Arbeitsplätze in der Altmark schaffen und beweisen, dass Innovationen in der IT nicht nur aus Berlin oder eben dem Silicon Valley kommen“, sagt Florian Lewerken. Schon jetzt kooperiert die Kiebitzberg-Gruppe für dieses Projekt mit der Firma devLabor aus Salzwedel. Ziel ist es, im dritten Quartal 2017 eine sogenannte Beta-Version, also die Vorstufe zum fertigen Produkt, entwickelt zu haben. Bis dahin soll auch eine Webseite zur Vermarktung des Programmes aufgebaut sein.

Digitalisierung und Altmark – vielleicht könnte da eine große Freundschaft entstehen. „Ich halte die Digitalisierung für eine der höchsten Prioritäten für die langfristige Entwicklung von ländlichen Regionen“, sagt Lewerken. „Wir werden nie Industrie im ländlichen Raum ansiedeln.“ Mit der digitalen Vernetzung rücke allerdings das Land dichter an den weltweiten Arbeitsmarkt heran. „Den Beweis treten wir mit unserer Software an.“ Es sei heutzutage nicht mehr nötig, direkt in Berlin zu sitzen, aber notwendig, schnell digital zu kommunizieren zu können. Genau das fördert das Modellvorhaben Land(auf)Schwung.

Internet: http://www.kiebitzberg.de

Drei Fragen an…

…den KiebData-Projektverantwortlichen Florian Lewerken

Wie kamen Sie auf die Idee zum Projekt?

Florian Lewerken: Die Idee zur Softwarelösung hatten wir ursprünglich, weil wir selber so einem Programm benötigt und danach gesucht haben. Dann stellten wir fest, dass es auch für viele andere Firmen ein wichtiges Thema ist. Nun sind wir dabei, ein neuartiges sogenanntes ERP-System für kleine und mittelständische Unternehmen direkt aus der Altmark zu entwickeln.

Was haben Sie bisher Besonderes bei der Umsetzung des Projektes erlebt?

Lewerken: Die Arbeit an dem Projekt, zusammen mit unserem Projektpartner devLabor aus Salzwedel, macht viel Spaß und ist sehr bereichernd. Und: Ich schlafe noch weniger.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Projektes?

Lewerken: Ich wünsch mir, dass uns im Jahr 2018 ein erfolgreicher Start der Softwarelösung glückt. Außerdem würden wir mit unserem System gern viele Betriebe produktiver machen und deren Mitarbeiter langfristig entlasten.

Florian Lewerken stellt das Projekt beim AltmarkMacherFestival vor (Foto: Björn Gäde)